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MUSIKALISCHE MEDITATIONEN

MUSIKALISCHE MEDITATIONEN VIDEOS
(Dirigent: ARMIN BRUNNER)

FERNSEH-MUSIKPRODUKTIONEN

STUMMFILM-VERTONUNGEN

BÜHNENMUSIK

HÖRSPIELMUSIK
DIE STUMMFILM-VERTONUNGEN

DER STUMMFILM
von Armin Brunner


Sergej Eisenstein „Panzerkreuzer Potemkin“
Sergej Eisenstein „Panzerkreuzer Potemkin“


Anhänger der traditionellen Künste behaupten noch immer, dass die technisch bedingten Kunstgattungen schneller veralten als die klassischen Denkmäler der Musik, Literatur, Architektur oder Malerei.
„Die Akropolis“, so schrieb der Schriftsteller Ilja Ehrenburg vor etwa vierzig Jahren, „die Akropolis scheint uns unübertrefflich, während wir für Stummfilme nur ein leises Lächeln übrig haben.“
Mir scheint dieses Verdikt – angesichts der gewaltigen Renaissance des Stummfilms – etwas voreilig in die Welt gesetzt. Publikumswirksame Vorführungen haben längst den engen Kreis von Liebhabern und Experten verlassen. Die Wiederentdeckung der äusserst suggestiven Bildsprache des Stummfilms ist auf einen offenen Nährboden gefallen, auf eine Publikumsbereitschaft und Begeisterung, die umso höhere Wellen schlägt, je überzeugender sich der stumme Film mit der live vor der Leinwand gespielten Musik verbindet. Stummfilmaufführungen mit live-Orchester vermitteln den theatralischen Gestus und die Massenwirkung des frühen Kinos. Erst die partnerschaftliche Verbindung von Musik und stummen Bildern vermag dieser Art von Filmkunst ihren kulturellen Rang zu sichern.


Stummfilme in der Musikalisierung von Armin Brunner

RICHARD WAGNER / CARL FRÖHLICH
(Stummfilm von 1913 mit Giuseppe Becce)
Musik: nach Motiven und Themen aus Wagner-Opern
Erstaufführung mit live-Orchester: Intern. Musikfestwochen Luzern, August 1983

CARMEN / ERNST LUBITSCH
(Stummfilm von 1918, mit Pola Negri)
Musik: Kompilation – Musik von Georges Bizet, Rimsky-Korsakoff, Manuel de Falla, Giuseppe Verdi u.a.


Ernst Lubitsch „Carmen“
Ernst Lubitsch „Carmen“


Erstaufführung mit live-Orchester: Intern. Musikfestwochen Luzern, 1988

ROSENKAVALIER / ROBERT WIENE
(Stummfilm von 1926)
Musik: Kompilation – Musik von Richard Strauss, Johann Strauss, Richard Wagner u.a.
Erstaufführung mit live-Orchester: Intern. Musikfestwochen Luzern, 1986

WILHLEM TELL / DVORSKY + WALTHER-FEIN
(Stummfilm von 1923 mit Hans Maar, Conrad Veit)
Musik: Collage mit Motiven und Themen von Vivaldi, Strawinskij und Schoeck
Erstaufführung mit live-Orchester: Intern. Musikfestwochen Luzern, 1991

NOSFERATU / FRIEDRICH WILHELM MURNAU
(Stummfilm von 1921/22)
Musik: Joh. Seb. Bach / Armin Brunner
Erstaufführung mit live-Orchester: Intern. Musikfestwochen Luzern, 1988

„Die Musik zu ‚Nosferatu’ findet Armin Brunner bei ... Johann Sebastian Bach. Bei Bach und nicht etwa bei der Neuen Musik, wie man es bei einem Dokument des filmischen Expressionismus vermuten müsste. Allerdings lässt Brunner das, was er in der Kammer-und Kirchenmusik von Bach vorfindet, nicht heil. Er unterwirft die Bach’sche Klanglichkeit einer instrumentalen Härte, die bis an die Grenze geht ... an dieser Grenze verwandelt sie sich in eine aggressive Waffe, verwandelt sich in tönende Kälte, in mechanische, unerbittlich voranschreitende Motorik.
Noch einmal: warum Bach zu diesem Film? Weil diese Musik, wenn man sie reduziert auf ihre elementaren Motive, ungeheuer modern klingt. Weil sich die motivischen Kerne nun anhören wie menschliche Tonfälle: klagend, weinend, nachdenklich, geschwätzig, feierlich, drohend oder kurzatmig ... nach diesem Film ist Bachs Musik nicht mehr das, was sie vorher war ... nun hat sie sich geoutet als eine bedrohliche Klangrede. Und der Film? Unter dem Druck einer ernsten und würdigen Musik steigt er hoch in den Rang einer erhabenen Passion auf.“

(Hans Chr. Schmidt-Banse)


Partitur „Nosferatu“ Handschrift Armin Brunner
Friedrich Wilhelm Murnau „Nosferatu“


DAS CABINET DES DR. CALIGARI / ROBERT WIENE
Musik: Kompilation / Musik nach Ernst Krenek, Sinfonie für Bläser, op. 34 u.a.
Erstaufführung mit live-Orchester / Radio-Sinfonieorchester Basel: Alte Börse Zürich, 1996

„Stummfilme nach der einst gängigen Methode für frühen Kinojahre zu vertonen, ist für mich äusserst reizvoll, besonders wenn es sich um einen Klassiker vom Kaliber eines ‚Dr. Caligari’ handelt. Die ‚Kompilation’, d.h. in diesem Falle, aus bereits vorhandener Musik eine Filmpartitur herzustellen, entspricht der Praxis in der Stummfilmzeit. Ursprünglich bestand die ‚Caligari’-Musik aus ‚Anleihen’ bei Schönberg, Debussy, Prokofjew und Richard Strauss.
Auf der Suche nach der perfekten Musik zum ‚Cabinet des Dr. Caligari’ bin ich auf Ernst Kreneks Bläsersinfonie op. 34 gestossen, die sich wie keine andere Partitur aus den 20er-Jahren mit dem opernhaften Gestus und den brüsk wechselnden emotionalen Höhenlagen des Filmes verbinden liess.“
(Armin Brunner)


Robert Wiene „Das Cabinet des Dr. Caligari“
Robert Wiene „Das Cabinet des Dr. Caligari“


METROPOLIS / FRITZ LANG
(Stummfilm 1926)
Musik: Eine Klangmontage mit Musik von Ravel, Prokofjew, Pärt, Strawinskij, Gershwin, Schostakowitsch, Honegger u.a.
Erstaufführung: 1. Internationales Festival für Musik und Film, Gstaad März 1995
(Radio-Sinfonieorchester Basel, Ltg. Armin Brunner)


Fritz Lang „Metropolis“
Fritz Lang „Metropolis“


“Metropolis ist ein gigantisches Konglomerat extremer Gegensätze und Widersprüche. Mit Hugo von Hofmannsthal könnte man sagen: ‚Hier kam alles zu allem’.
Die grandiose Vision einer Stadt des Jahres 2000 steht neben der mittelalterlichen Kirchenromantik mit ihren ‚Sieben Todsünden’, der Roboter neben der Walpurgisnacht, Mephisto neben dem exotischen Bauchtanz im Klimtschen Dekor, New York neben Heidelberg.
Wie sagte Luis Bunuel: ‚Das herrlichste Bilderbuch, das man sich denken kann’.
Bei der Musikalisierung von ‚Metropolis’ wollte ich mich an die Technik der Film-Kapellmeister der 20er-Jahre anlehnen, die damals mit bereits vorhandener Musik die Filme quasi ‚tapezierten’. Offen standen mir für ’Metropolis’ zwei Wege der Vertonung, entweder einen entlarvenden, bissig-ironischen musikalischen Kommentar zu den ’Phantasmagorien’ des Fritz Lang zu schreiben, den Film klanglich zu glossieren, zu parodieren, oder aber, die Bilder allesamt ‚beim Wort’ zu nehmen, ihr Pathos mit klanglichen Mitteln zusätzlich zu steigern, ihre theatralische und choreographische Filmsprache zu emotionalisieren. Ich wählte diese letztere Möglichkeit.
Und zur live-Orchesteraufführung folgendes:
Man darf bei einer Stummfilmvorführung mit live-Musik die enorme Wucht und Kraft eines grossen sinfonischen Orchesters nicht unterschätzen: ein vollbesetztes Orchester direkt unter der Leinwand ist ein Kraftwerk, ein Turbo, der durch keine elektronische Vermittlung und Klangverstärkung ersetzt werden kann.

Es gab für mich auch noch einen aussermusikalischen Grund, mich mit ‚Metropolis’ zu befassen. Das Ersetzen von menschlicher Arbeitskraft durch Roboter und die damit verbundenen Probleme und Unruhen sind heute wie damals von beklemmender Aktualität.“

(Armin Brunner)

PANZERKREUZER POTEMKIN / SERGEJ EISENSTEIN
Musik: Kompilation / Fragmente aus den Sinfonien 4 und 11 von Dmitri Schostakowitsch
Verlag Sikorski Hamburg
Erstaufführung Frühjahr 1992 im Studio I des Schweizer Fernsehens DRS in Zürich
Radio-Sinfonieorchester Basel / Ltg. Armin Brunner


Sergej Eisenstein „Panzerkreuzer Potemkin“
Sergej Eisenstein „Panzerkreuzer Potemkin“


Kommentar und Kritik zu Armin Brunners „Potemkin-Kompilation“:
Urheberrechtliche Probleme und Forderungen im Zusammenhang mit der Original-Musik zu „Panzerkreuzer Potemkin“ von Edmund Meisel haben Armin Brunner bewogen, den Film neu zu vertonen.
Brunner benutzte dazu Teile aus der 4. und 11. Sinfonie von Dmitri Schostakowitsch. Nach seinen Worten verwendet er die zwei Sinfonien als ‚musikalische Steinbrüche’, aus denen er grössere und kleinere Brocken herausbricht, um sie minuziös dem Filmbild anzupassen und zu unterlegen.

Schostakowitschs Sinfonien sind voll von klingenden Episoden, die buchstäblich nach Bildern rufen. Seine Musik ist angefüllt mit plastischen und bildhaften Gebärden. Mal pfeift sie ausgelassen vor sich hin, mal gibt sie sich zögerlich oder ängstlich, dann wieder prescht sie furchtlos voran. Seine Musik stellt Gesten des Tanzes, des Marsches, der frommen Inbrunst und des wilden Wahnsinns dar. Neben dieser   m u s i k a l i s c h e n   K ö r p e r –
s p r a c h e   die mannigfachen Tonfälle: sie kann singen, klagen, lachen, schreien, keuchen – oder auch verstummen.


Sergej Eisenstein „Panzerkreuzer Potemkin“
Sergej Eisenstein „Panzerkreuzer Potemkin“


„In kongenialer Perfektion verschmolzen die Bilder mit der suggestiven Musik Dmitri Schostakowitschs ... manchmal glich es einem Wunder, wie punktgenau sich die emotional aufgeheizte Musik, ein von Armin Brunner raffiniert erstellter Zusammenschnitt aus Teilen der vierten und elften Sinfonie, mit den dramatischen Szenen des Films ... paarte ...
das Haus stand Kopf“.

(Badische Neueste Nachrichten)

„ ...es ist eine kongeniale Filmmusik für das cineastische Meisterwerk des Sergej Eisenstein ...
Brunners Einrichtung gewinnt dank der extrem expressiven Tonsprache Schostakowitschs eine ungeheure Intensität ...“.

(Die Rheinpfalz)


„Jeder Ton jede Harmonie der Ausschnitte aus den Sinfonien Nr. 4 und 11 passt zum Geschehen auf der Leinwand. Besonders die berühmte Treppenszene wird zur Sensation – gewaltige Bildimpressionen verschmelzen mit dröhnender Musik zum bedrohlichen Inferno. Die 1957 als Schilderung der Revolution von 1905 komponierte Musik der Elften klingt, als ob sie eigens für den Eisenstein-Film geschrieben worden wäre. Der mit ’Blutsonntag’ betitelte Satz mit seinem Grollen und Tosen, seiner bis an die Schmerzgrenze gehenden Kraftentfaltung und seinen schneidend gezackten Rhythmen im Schlagwerk erschien als kongeniale Ergänzung zu Eisensteins revolutionärer Schnitt- und Montagetechnik.“ (Hamburger Abendblatt, 19.4.2003)
(Aus: Sikorski, Heft 3/2004 / Filmmusik)

AUFFÜHRUNGEN MIT LIVE-ORCHESTER
Die Stummfilm-Vertonungen von Armin Brunner wurden in zahlreichen Städten in der Schweiz, in Deutschland und in den USA mit live-Ochester aufgeführt:

Klagenfurt, Montpellier, New York (Metropolitan Museum), Essen, Hamburg, Frankfurt, München, Osnabrück, Stuttgart, Schaffhausen, Gstaad (Cinemusic), Zürich, Luzern, Biel, Chur, St. Gallen, Basel, UBS-Zentrum Wolfsberg/Thurgau u.a.



Sergej Eisenstein „Panzerkreuzer Potemkin“
 
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